Was ist ein Kraniopharyngeom?

Ein Kraniopharyngeom ist ein Tumor, welcher sich für gewöhnlich im Bereich des Stiels der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) ausbildet. Obwohl der Tumor gutartig (benigne) ist und langsam wächst, kann er doch mit der umgebenden Struktur wie der Hypophyse (Drüse an der Basis des Gehirns), dem Hypophysenstiel (Drüsenkörper der Hypophyse und dem Hypothalamus), den Sehnerven und/oder den Gefässen verwachsen. Zwischen 2,5 und 4 Prozent aller Hirntumore sind Kraniopharyngeome, von denen etwa die Hälfte im Kindesalter auftreten. Überdurchschnittlich häufig bilden sich Kraniopharyngeome dabei zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr aus. Erwachsene erkranken häufig ab dem 40. Lebensjahr an einem Kraniopharyngeom, wobei Männer und Frauen etwa gleich betroffen sein können.

Wodurch bildet sich ein Kraniopharyngeom aus?

Ein Kraniopharyngeome bildet sich durch die plötzliche Vermehrung von Restzellen der Rathke-Tasche aus. Die Rathke-Tasche beschreibt dabei eine Struktur, welche aus der Embryonalentwicklung der Hypophyse stammt und sich in der Regel zurückbildet. In den meisten Fällen wachsen Kraniopharyngeome im Bereich des Hypophysenstiels. Von hier aus kann sich der Tumor in verschiedene Richtungen ausbreiten. Etwa 5 Prozent aller Kraniopharyngeome bilden sich rein intraventrikulär (innerhalb des Ventrikels) aus. Beim Kraniopharyngeom ist besonders häufig der dritte Ventrikel betroffen.

Welche Arten von Kraniopharyngeomen werden unterschieden?

Gemeinhin werden die beiden folgenden Formen von Kraniopharyngeomen unterschieden:

  • adamantinöse Kraniopharyngeom: welches oft verkalkt und hart ist und ein höheres Reizidvrisiko hat. Es tritt häufiger bei Kindern auf.
  • papilläre Kraniopharyngeom:welches äußerst selten verkalkt ist und ein geringeres Rezidivrisiko hat. Es tritt hauptsächlich bei Erwachsenen auf.

Welche Symptome können durch ein Kraniopharyngeom auftreten?

Da sich das Kraniopharyngeom unter anderem in unmittebarer Nähe zu den Sehnerven, der Hyophyse, dem Hypophysenstiel, dem Hypothalamus sowie dem Hirnstamm ausbildet, kann der Tumor zu folgenden Beschwerden führen:

  • Kopfschmerzen,
  • Gesichtsfeldeinschränkungen und/oder Sehstörungen,
  • hormonelle Störungen, welche vor allem eine Diabetes insipidus auslösen kann, die sich durch einen erhöhten Durst äußert,
  • Übelkeit und/oder Erbrechen,
  • neurokognitive Störungen,
  • hypothalamische Störungen, die sich vor allem durch eine Gewichtszunahme äußert,
  • bei Kindern Ausbleiben der Pubertät oder andere Wachstumsstörungen.

 
In der Regel verursacht das Kraniopharyngeom vor allem in der Anfangsphase beim Erwachsenen keine Beschwerden. Sollten Kopfschmerzen, aber auch Sehstörungen auftreten, können diese auf ein größeres Wachstum des Tumors in der Hypophysenregion hindeuten.

Wie wird ein Kraniopharyngeom diagnostiziert?

Ein Kraniopharyngeom kann in der Regel durch das bildgebende Verfahren der Magnetresonanztomografie (MRT) diagnostiziert werden. Hierbei wird dem Patienten ein Kontrastmittel verabreicht, um so im MRT sowohl die Tumorlage als auch die Ausdehnung des Tumors sichtbar machen zu können. In Einzelfällen kann auch eine Computertomografie (CT) durchgeführt werden, um zu beurteilen, ob Tumor-Verkalkungen vorliegen. Es ist zudem ratsam, eine endokrinologische Abklärung durchführen zu lassen, sofern der Verdacht auf ein Kraniopharyngeom besteht.Dadurch können mögliche hormonelle Störungen festgestellt und behandelt werden. Sollte die MRT-Aufnahme anzeigen, dass der Tumor Kontakt zum Chiasma opticum (wichtiger Abschnitt der Sehbahn) hat, ist zudem eine augenärztliche Kontrolle notwendig. In der Mehrheit aller Krankheitsfälle beim Erwachsenen lassen sich zum Diagnosezeitpunkt bereits Anzeichen eines Hormonmangels sowie psychische Veränderungen feststellen.

Wie wird ein Kraniopharyngeom behandelt?

Da sich Kraniopharyngiome in ihrem Wachstum ausdehnen und dabei angrenzende Strukturen verdrängen und so zu dauerhaften Hirnschädigungen führen können, ist die erste Behandlungswahl immer die vollständige chirurgische Entfernung des Tumors. Ärzte können hierbei zwischen dem transkraniellen Zugang und dem transnasalen transsphenoidalen Zugang auswählen. Während dabei beim transkraniellen Zugang der Schädel geöffnet wird, um den Tumor mikrochirurgisch zu entfernen, wird beim transnasalen transsphenoidalen Zugang der Tumor durch die Nase entnommen.

Sofern aufgrund der Tumorlage eine vollständige Resektion nicht möglich sein sollte, kann eine postoperative Radiotherapie, bzw. Radiochirurgie durchgeführt werden, um das Risiko zu senken, dass sich der Tumor erneut ausbildet (Rezidiv).

Derzeit wird an der Entwicklung einer Chemotherapie als ergänzende Behandlungsmöglichkeit geforscht. Dazu werden Medikamente zur Therapie des papillären Kraniopharyngeoms getestet. Hierbei handelt es sich um sogenannte BRAF-Inhibitoren, zu denen das Vemurafenib und Dabrafenib zählt.

Zu welchen Komplikationen kann es kommen?

Nach der chirurgischen Entfernung des Tumors kann es vor allem zu Störungen im Elektrolyt- und Hormonhaushalt kommen. Im besten Falle sind diese Störungen nur vorübergehender Natur. Es kann jedoch auch vorkommen, dass die Störungen permanent bestehen bleiben. Insbesondere nach der Operation werden daher die Blutwerte und der Wasserhaushalt des Patienten engmaschig überwacht, um gegebenenfalls den HOrmonmangel medikamentös ausgleichen zu können.

Wie gestaltet sich die Nachsorge bei einem Kraniopharyngeom?

Aufgrund des Rezidiv-Risikos von Kraniopharyngeomen benötigt der Patient eine lebenslange Nachsorge. Hierzu gehören neben den klinischen und endokrinologischen Untersuchungen auch MRT-Kontrollen, welche vor allem anfänglich in einem järhlichen Abstand durchgeführt werden sollten. Außerdem sollte insbesondere die Sella-Region regelmäßig augenärtzlich kontrolliert werden. Sofern sich der Tumor erneut ausbildet, sollte dieser frühzeitig operativ entfernt und gegebenenfalls anschließend eine Bestrahlung der verbliebenen Tumorzellen durchgeführt werden.

Bei Patienten, bei denen der Tumor bereits in die benachbarten Hirnstrukturen eingewachsen ist, kann es zum Kontrollverlust von womöglich lebenswichtigen Funktionen gekommen sein. Die Lebensqualität der Betroffenen ist dadurch deutlich eingeschränkt. In 30 Prozent aller Krankheitsfälle kann es zudem zu einer hochgradigen Adipositas gekommen sein, welche eine Zuckerkrankheit aber auch Herzerkrankungen mit sich zieht. Im Rahmen einer ärztlichen Überwachung sollte dabei das Übergewicht reduziert werden, um die langfristige Lebensqualität der Patienten zu erhöhen.