Was ist die Ollier-Krankheit?

Als Ollier-Krankheit wird eine eher seltene Skeletterkrankung bezeichnet, welche auch den Namen Multiple Enchondromatose trägt. Es handelt sich hierbei um einen gutartigen (benignen), knorpeligen Tumor, welcher sich im Markraum aus langen Röhrenknochen bilden kann. In den meisten Krankheitsfällen bildet sich die Ollier-Krankheit in der Nähe von Wachstumsfugen der Knochen aus. Hiervon sind besonders oft Oberschenkel-, aber auch Oberarmknochen sowie Finger und Fußknochen betroffen. Überdurchschnittlich häufig sind Kinder oder Jugendliche von der Ollier-Krankheit betroffen. Die für die Krankheit typischen Tumore, die sogenannten Enchondrome, stellen ihr Wachstum ein, sobald auch das Längenwachstum der Knochen vollendet ist. In den meisten Krankheitsfällen bleibt die Ollier-Krankheit gutartig, kann jedoch in knapp 25 Prozent aller Fälle entarten und bösartig werden.

Die Ollier-Krankheit wurde im Jahre 1900 zum ersten Mal von dem französischen Chirurgen Louis Leopold Ollier festgestellt. Auf ihn geht daher der Name der Krankheit zurück. Ollier gilt als Begründer der modernen orthopädischen Chirurgie und stellte die Ollier-Krankheit an einem 6-jährigen Mädchen fest, das Deformitäten und Schwellungen am Unterarm, dem Oberschenkel und den Fingern aufwies. Heutzutage wird die Ollier-Krankheit als eine Reihe von Pathologien angesehen, welche unter dem Begriff der Enchondromatose bekannt sind.

Wie entsteht die Ollier-Krankheit?

Die Krankheit entsteht durch die Ausbildung mehrerer gutartiger Tumore, welche auch Enchondrome genannt werden. Diese Enchondrome entstehen vor allem im mittleren Teil des Röhrenknochens (Diaphysen) sowie in den Röhrenknochen, welche sich zwischen der Diaphyse und der Epiphyse befindet (Metaphysen). Die Ausbildungen der multiplen Enchondromatose sind asymmetrisch verteilt. Es wird jedoch stets eine Körperhälfte bevorzugt. Die häufigsten Ausbruchsstellen betreffen dabei die Finger- oder Zehenglieder (Phalangen), die Mittelhand-, bzw. Mittelfußknochen sowie den Oberarmknochen (Humerus) und/oder den Oberschenkelknochen (Femur). In eher seltenen Fällen kann die Ollier-Krankheit auch flache Knochen, zum Beispiel das Becken betreffen.

Ein Enchondrom ist eine gutartige Wucherung, welche aus differenziertem hyalinem Knorpel entsteht. In den meisten Krankheitsfällen handelt es sich hierbei um die Reste des embryonalen Knorpels, welcher durch eine enchondrale Ossifikation in den gebildeten Knochen vorhanden ist. Dabei verläuft die enchondrale Ossifikation nach den folgenden festgelegten Stadien ab:

  • undifferenzierte Stammzellen des Bindegewebes (mesenchymale Zellen) bilden sich zu hypertrophen Chondrozyten weiter,
  • die Knorpelmatrix wird durch mineralisierten Knochen ersetzt.

 
Da die Ollier-Krankheit ungleichmäßige Läsionen ausbildet, liegt der Schluss nahe, dass die Erkrankung aus einer postzygotischen somatischen Mutation entsteht, welche Mosaizismus zur Folge hat. Mediziner konnten bislang jedoch noch keine spezifischen Chromosome oder Mutationen finden, die für dieses Phänomen verantwortlich gemacht werden können.

Wodurch bildet sich die Ollier-Krankheit aus?

Ärzten sind die Entstehungsursachen für die Ollier-Krankheit bislang noch unbekannt. Sie schließen auch weitestgehend eine genetische Mutation für die Bildung der Knochentumore aus.

Durch welche Symptome äußert sich die Ollier-Krankheit?

Die Krankheit verursacht nur in sehr wenigen Fällen Schmerzen. Allerdings können die Veränderungen, die durch die Ollier-Krankheit bedingt sind, das Knochenwachstum beeinträchtigen. Als Folge können Deformierungen, aber auch der Bruch eines Knochens an der betroffenen Stelle auftreten.

Da die Ollier-Krankheit in knapp 25 Prozent aller Fälle entarten kann, ist es wichtig, umgehend einen Arzt aufzusuchen, wenn die Krankheit vermutet wird. Dabei können folgende Anzeichen bei einem Kind auf die Krankheit hindeuten:

  • Wachstumsstörungen und/oder Deformierungen,
  • Neigung zu häufigen Knochenbrüchen

 
Je nachdem, wo sich die Ollier-Krankheit ausbildet, kann dies zu verschiedenen Beschwerden führen. Sind beispielsweise die unteren Extremitäten betroffen, kann aufgrund der Verkürzung der Extremitäten Lahmheit auftreten. Befindet sich der Tumor auf Rumpfhöhe, kann es zu einer Instabilität des Beckens kommen. Ist beispielsweise die Schädelbasis und vor allem das Keilbein betroffen kann der Patient über Kopfschmerzen, Heiserkeit, aber auch eine Gesichtsdysästhesie und/oder Hörverlust klagen.

Wie wird die Ollier-Krankheit diagnostiziert?

Da die Krankheit oftmals asymptomatisch verläuft, wird die Diagnose oftmals als Zufallsbefund durch eine Röntgenaufnahme, Computer- (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) gestellt. Bildlich dargestellt zeigen sich Enchondrome als eine homogene Masse in länglicher oder ovaler Form und einem gut definiertem Knochenrand. Vorhandene Läsionen können oftmals an der Längsachse des Knochens festgemacht werden und Verkalkungen enthalten, welche als körnige Trübungen sichtbar werden.

Wie wird die Ollier-Krankheit behandelt?

Die Ollier-Krankheit kann hinsichtlich ihrer Ursachen nicht behandelt werden. Eine Behandlung ist in vielen Fällen auch gar nicht notwendig, sofern keine Deformierungen oder Knochenbrüche auftreten. Normalerweise wird die Ollier-Krankheit ärztlich überwacht, um auf diese Weise eine mögliche Tumorentartung frühzeitig zu diagnostizieren. Zur Behandlung von Deformationen oder Knochenbrüchen kann eine Operation notwendig sein. Diese zielt meist auf die Entfernung des Tumors ab. Hierzu wird der Knochenhohlraum geleert und mit Knochentransplantat gefüllt. Sofern sogenannte Knorpelinseln zurückbleiben, kann es zu einem Krankheitsrückfall kommen. Eine Operation wird nicht nur zur Tumorentfernung eingesetzt, sondern kann beispielsweise auch Missbildungen behandeln. Im Anschluss an die Operation schließt sich oftmals eine Physiotherapie an. Zur Schmerzbehandlung können Analgetika zum Einsatz kommen. Hierbei handelt es sich um schmerzstillende Arzneistoffe.

Zu welchen Komplikationen kann die Ollier-Krankheit führen?

Sollten Enchondrome in den Fingergliedern vorliegen, können diese schwere Fingerdeformitäten zur Folge haben. Doch Enchondrome können sich auch zu bösartigen Tumoren entwickeln, wie den sogenannten Chondrosarkomen, welche besonders oft bei jungen Erwachsenen vorkommen. Diese Transformation in Chondrosarkome treten überdurchschnittlich häufig bei Läsionen auf, welche vornehmlich flache und lange Knochen betreffen. Weniger häufig ist die Ausbildung zu Chondrosarkomen bei kleinen Knochen der Hände und Füße zu sehen.