Was ist das Reovirus?

Das Reovirus gehört zu den Reoviridae und ist ein RNA-Virus. Der Name Reovirus ist die Abkürzung von „respiratory enteric orphan“, was schon darauf hinweist, dass sich das Virus durch Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts und des Respirationstrakts bemerkbar macht. Doch auch zu asymptomatischen Infektionen kann das Reovirus führen

Wo kommt das Reovirus vor?

Das Reovirus ist auf der ganzen Welt anzutreffen. Es wird über den fäkal-oralen und aerogenen Weg übertragen. Im Vergleich zu vielen anderen Infektionen durch Viren, gibt es bei den Reoviren keine saisonale Häufung.

Wie entsteht eine Infektion mit dem Reovirus?

Es ist noch nicht abschließend geklärt, wie die Pathogenese abläuft. Doch es ist anzunehmen, dass die Viren die M-Zellen der Lunge nuten, um sich Zugang zum Organismus zu schaffen. Ebenso wird vermutet, dass die Viren nach der oralen Aufnahme über M-Zellen der Peyer-Plaques in das Ileumepithel eindringen. Die Nerven, welche in der Nähe des Peyer-Plaques liegen, können genutzt werden, um den Hirnstamm zu infizieren. Über die mesenterialen Lymphknoten kann es zur Ausbreitung des Virus in der Milz kommen. Eine Ausbreitung in alle Organe ist möglich, jedoch bleibt das Reovirus in den meisten Fällen auf die Lunge oder den Gastrointestinaltrakt beschränkt.

Welche Morphologie weist das Reovirus auf?

Die reifen Virionen haben einen Durchmesser von ca. 60–80 nm und weisen ein unbehülltes, ikosaedrisches Kapsid auf. Das Typische für die meisten Viren aus der Familie der Reoviridae ist der Aufbau des Virions. Er besteht aus zwei ineinander verwebte und eng wechselwirkende Kapside. Das Genom weist eine Doppelstrang-RNA auf, welche in etwa 10 bis 12 Segmente unterteilt ist.

Durch welche Symptome macht sich das Reovirus bemerkbar?

Nach der Inkubationszeit von etwa drei Tagen kommt es je nach Lokalisation der Infektion zu einer Erkrankung des Gastrointestinaltrakts, Beschwerden wie Schmerzen und Durchfall. Oder es entwickelt sich eine Erkrankung der oberen Atemwege, welche mit Pharyngitis und Rhinitis einhergehen kann.

In Studien, die mit Freiwilligen durchgeführt wurden, wurden die Testpersonen mit Reoviren inokuliert, somit gelang es, das Potenzial des Virus aufzuklären. Acht von neun Testpersonen schieden das Virus über den Stuhl aus. Bei der Person, die das Virus nicht über den Stuhl ausgeschieden hat, konnten Reovirus-Antikörper im Blut nachgewiesen werden. Bei sechs der neun Probanden haben sich ein starker Anstieg des Antikörpertiter gebildet und drei Personen wurden krank, während die Symptome etwa 4–7 Tage anhielten. Die häufigsten Symptome dabei waren:

  • Pharyngitis,
  • Schnupfen,
  • Kopfschmerzen,
  • Gastroenteritis,
  • Husten.

 
In anderen ähnlich durchgeführten Studien traten bei der Minderheit milde oder überhaupt keine Symptome auf. Die Mehrzahl der Infektionen blieb jedoch asymptomatisch.

Bei Nagetieren wurden in vielen Fällen eine Infektion des Zentralnervensystems beobachtet, welche durch das Reovirus ausgelöst wurden. Doch auch beim Menschen gibt es vereinzelte Fälle, in denen das Reovirus auf das Zentralnervensystem übergegangen ist.

Wie wird das Reovirus diagnostiziert?

Um ein Reovirus nachweisen zu können, ist die Diagnostik, welche auf Basis der Virusisolierung durchgeführt wird, essenziell. Hierbei werden Körperflüssigkeiten oder Gewebe auf Antigennachweise serologisch untersucht. Als geeignetes Material kommen dabei Stuhl, Rachenabstriche, Nasenspülflüssigkeit, Urin und Liquor infrage.

Welche Komplikationen können im Zusammenhang mit dem Reovirus entstehen?

In der Regel verläuft eine Infektion mit dem Reovirus symptomlos oder mit nur milden Symptomen ab. Doch besonders bei Kindern im Alter zwischen 6 Monaten und 2 Jahren wurden schwere Krankheitsverläufe beobachtet. Wird die Infektion mit Reoviren nicht oder zu spät entdeckt, kann es aufgrund lang anhaltender Durchfälle zur Dehydrierung kommen. Ohne ausreichende Gegenmaßnahmen führt dies durch eine Exsikkose binnen weniger Stunden unweigerlich zum Tod. Ebenso gefährlich sind Reoviren, wenn sie das Zentralnervensystem angreifen und zu Entzündungen des Gehirns führen. Auch hier ist eine unbehandelte Reovirus Infektion unweigerlich mit dem Tode verbunden.

Wie wird das Reovirus behandelt?

Die meisten Infektionen mit dem Reovirus verlaufen, ohne wahrgenommen oder bemerkt zu werden. Man kann ihnen auch kein spezifisches Krankheitsbild zuweisen und schwere Verläufe oder gar Komplikationen treten nur in äußert seltenen Fällen ein. Aus diesen Gründen wurde bisher noch kein Versuch unternommen, genauer gesagt, es wurde noch keine Notwendigkeit gesehen, eine Therapie gegen das Reovirus zu entwickeln. Untersuchungen und auch Studien haben ergeben, dass das erhältliche Medikament Ribavirin sehr wirksam auch im Einsatz gegen das Reovirus ist. Ribivarin verhindert die Bildung von einzel- oder doppelsträngigen RNA und inhibiert die Proteinsynthese des Virus.

Welche Menschen sind bei Reoviren besonders gefährdet?

Auch wenn eine Infektion mit dem Reovirus größtenteils ohne Symptome und Beschwerden verläuft, gibt es gewissen Menschen, die gefährdeter sind als andere. Besonders Säuglinge und Kleinkinder zwischen 6 Monaten und 2 Jahren tragen ein hohes Risiko aufgrund des lang anhaltenden Diarrhoe an einer Dehydrierung zu sterben. Doch auch Personen, die schon älter sind oder an einer Immunsuppression leiden, gelten als besonders gefährdete Personengruppe. Für junge und vitale Menschen, deren Immunsystem ohne Einschränkungen gut funktioniert, gilt ein geringes Risiko etwaige Komplikationen durch das Reovirus zu entwickeln.

Gibt es eine Meldepflicht für das Reovirus?

Laut Infektionsschutzgesetz sind Reoviren keinesfalls meldepflichtig.

Wie kann man dem Reovirus vorbeugen?

Im Gegensatz zu vielen anderen Erregern der Familie Reoviridae werden durch das Reovirus keine schweren Erkrankungen ausgelöst und therapiert wird meist nur symptomatisch. Aufgrund dessen wird derzeit an keiner Impfung gegen das Reovirus geforscht oder gearbeitet. Zum jetzigen Zeitpunkt wird eine Entwicklung von Vakzine gegen dieses Virus noch nicht einmal in Erwägung gezogen.