Was ist ein Wilms-Tumor?

Unter dem Begriff Wilms-Tumor wird ein embryonales Karzinom der Niere gefasst, welches aus blastozytenartigen stromalen und epithelialen Anteilen besteht. Der Wilms-Tumor, nach seinem Entdecker, dem Heidelberger Chirurgen Max Wilms, benannt, kann auch als Nephroblastom bezeichnet werden und beschreibt immer einen soliden, bösartigen Nierentumor. Ärzte gehen davon aus, dass sich der Wilms-Tumor aufgrund von genetischen Störungen ausbildet. In etwa 10 Prozent aller Krankheitsfälle können angeborene Fehlbildungen für den Wilms-Tumor verantwortlich gemacht werden. In der Regel erkranken Kinder unter 5 Jahren überdurchschnittlich häufig an einem Wilms-Tumor. Allerdings kann die Krankheit, wenn auch seltener, bei älteren Kindern oder bei Erwachsenen auftreten. Insgesamt macht der Wilms-Tumor knapp 6 Prozent der Karzinome bei Kindern aus.

Wie entsteht ein Wilms-Tumor?

Ein Wilms Tumor bildet sich durch entartetes, primitives Gewebe aus. Das ist auch der Grund, warum der Wilms-Tumor embryonalem Nierengewebe ähnelt. Histologisch setzt sich der Wilms-Tumor aus verschiedenen Gewebearten zusammen und enthält neben unreifen Vorläuferzellen (Blastern) der Niere auch andere Gewebetypen, welche in verschiedenen Graden ausgereift sind. Neben Bindegewebe, können sich hier auch Muskel-, Knorpel- oder Epithelgewebe finden, weswegen Wilms-Tumore auch Mischtumore genannt werden.

Warum bildet sich ein Wilms-Tumor aus?

Die genauen Entstehungsursachen für einen Wilms-Tumor sind bislang größtenteils noch ungeklärt. Allerdings wissen Mediziner, dass die Veränderungen bestimmter Chromosomen und Gene die Tumorentwicklung bedingen. Vor allem das sogenannte Wilms-Tumorgen? 1 (WT1-Gen) auf Chromosom 11 soll eine Schlüsselrolle bei der normalen Nierenentwicklung spielen. Sollte daher eine veränderte Form vorliegen, kann es zur Tumorbildung und anderen Fehlbildungen kommen. Allerdings gehen Mediziner davon aus, dass mehrere genetische Veränderungen (Mutationen) zusammenkommen müssen, bevor sich ein Wilms-Tumor ausbildet.

Wie kann man einem Wilms-Tumor vorbeugen?

Patienten, bei denen eine Prädisposition für einen Wilms-Tumor oder eine Nierenfehlbildung vorliegt, wird eine vierteljährliche klinische und bildgebende Ultraschalluntersuchung empfohlen. Des Weiteren ist es ratsam, im Falle eines familiären Nephroblastoms eine humangenetische Beratung und/oder eine molekulargenetische Abklärung in Anspruch zu nehmen.

Durch welche Symptome äußert sich ein Wilms-Tumor?

Der Wilms-Tumor äußert sich am häufigsten durch einen palpablen abdominellen Tumor, welcher in der Regel keine Schmerzen und Beschwerden verursacht. Lediglich in einigen Fällen kann es vorkommen, dass folgende eher unspezifische Symptome auftreten:

  • Bauchschmerzen,
  • Fieber,
  • Erbrechen und Übelkeit,
  • Magersucht (Anorexie),
  • vermehrtes Vorkommen von roten Blutkörperchen (Hämaturie),
  • Bluthochdruck (Hypertonie)

Wie wird ein Wilms-Tumor diagnostiziert?

Ein Wilms-Tumor wird mittels der üblichen bildgebenden Verfahren wie einer Ultraschalluntersuchung oder einer Computer- (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) des Abdomens festgestellt. Durch eine Abdomen-Sonografie lässt sich ermitteln, ob es sich bei dem Wilms-Tumor um Zysten oder einen soliden Tumor handelt. Des Weiteren kann herausgefunden werden, ob die Vena cava oder die renalen Venen infiltriert sind. Mittels einer Computer- oder Magnetresonanztomografie des Abdomens lässt sich hingegen die Tumorausdehnung feststellen. Dies ist wichtig, um die Ausbreitung des Tumors in die Lymphknoten, die kontralateralen Nieren sowie die Leber zu ermitteln. Je nach Befund kann noch eine Thoraxaufnahme angeordnet werden, um festzustellen, ob eine pulmonale Metastasierung vorliegt. Die gesicherte Diagnose eines Wilms-Tumors erfolgt in der Regel durch die Ergebnisse der Bilduntersuchung. Eine Biopsie wird meist nicht vorgenommen, da das Risiko einer Kontamination mit peritonealen Tumorzellen zu groß ist.

In welche Krankheitsstadien kann ein Wilms-Tumor eingeteilt werden?

Um eine geeignet Behandlungsmethode auszuwählen, ist es unabdingbar, den Wilms-Tumor in ein Krankheitsstadium einzuordnen. Hierbei werden folgende Faktoren berücksichtigt:

  • Hat der Tumor die Tumorkapsel bereits überschritten?
  • Sind Blutgefäße oder benachbarte Lymphknoten? befallen?
  • Haben sich Fern-Metastase?n gebildet?
  • Sind beide Nieren betroffen?

 
Die Internationale Fachgesellschaft für Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter (SIOP) unterscheidet des Weiteren die folgenden fünf Krankheitsstadien beim Wilms-Tumor:

  • Stadium I: Lokalisierung des Tumors auf die Niere, ohne Überschreitung der Tumorkapsel; vollständige Entfernung des Tumors ist möglich
  • Stadium II: Überschreitung der Tumorkapsel; vollständige Entfernung des Tumors ist möglich; kein Befall der Lymphknoten
  • Stadium III: vollständige Entfernung des Tumors ist nicht möglich; Befall der regionalen Lymphknoten oder Vorliegen einer Tumorruptur (Riss in der Gewebestruktur); keine Fernmetastasen vorhanden
  • Stadium IV: Vorhandensein von Fernmetastasen, unter anderem in der Lunge, der Leber, den Knochen und/oder dem Gehirn
  • Stadium V: Vorhandensein eines beidseitigem (bilateralem) Nephroblastoms

Wie wird ein Wilms-Tumor behandelt?

Ein Wilms-Tumor kann theoretisch chirurgisch entfernt werden oder mittels einer Chemotherapie oder Bestrahlung behandelt werden. Tritt der Wilms-Tumor einseitig auf, wird der Arzt zunächst versuchen, den Tumor operativ zu entfernen und anschließend eine Chemotherapie durchzuführen, um übrig gebliebene Tumorzellen zu zerstören. Handelt es sich um einen besonders kleinen Tumor, kann eine Operation bereits ausreichen, um den Patienten zu heilen. Die Dauer einer adjuvanten Chemotherapie hängt hingegen immer von der Histologie sowie dem Tumorstadium ab.

Wie steht die Prognose bei einem Wilms-Tumor?

Die Heilungsaussichten eines Wilms-Tumors hängen von verschiedenen Faktoren ab. Neben dem Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnose kommt es auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten an. Bildet sich ein Wilms-Tumor bei einem Erwachsenen aus, stehen die Prognoseaussichten eher schlechter als bei einem Kind. Denn in der Regel lässt sich der Wilms-Tumor bei einem Kind sehr gut behandeln. Die Heilungsaussichten bei einem Wilms-Tumor, bei dem nur die Niere involviert ist, liegen zwischen 85 und 95 Prozent. Doch selbst bei Kindern, bei denen der Wilms-Tumor bereits weiter fortgeschritten ist, haben eine 60-prozentige (bei schlechter Histologie) bis zu einer 90-prozentigen (bei guter Histologie) Heilungsaussicht. Allerdings kann es vorkommen, dass sich der Tumor innerhalb von 2 Jahren nach erfolgreicher Behandlung erneut ausbildet.