Was ist das Xenotropic Murine Leukemia Virus?

Bei einer Untersuchung von Tumorproben von Betroffenen mit Prostatakarzinom Genoabschnitten wurde 2006 ein bislang unbekanntes Virus entdeckt. Aufgrund seiner hohen Ähnlichkeit zu den bereits bekannten xenotropen murinen Gammaretroviren wurde es xenotropic murine leukemia virus-related virus, kurz XMRV benannt. Weitere Arbeitsgruppe berichteten basierend auf PCR-Analyseergebnisse von einer Assoziation zwischen Prostatakrebs und XMRV. Des Weiteren wurden 2009 ein kausaler Zusammenhang zwischen einer myalgischen Enzephalomyelitis und dem XMRV nachgewiesen. Vor allem wegen der Implikation der gewonnenen Ergebnisse für die Blutprobensicherheit, wurde versucht, die Ergebnisse zu reproduzieren. Doch dabei wurde herausgefunden, dass alle zusammenhängende Befunde wischen Prostatakrebs, myalgischen Enzephalomyelitis und XMRV auf Kontaminationen der Blutproben zurückzuführen sind. Aus diesem Grund gibt es bislang keine gesicherten Beweise, dass ein Zusammenhang zwischen XMRV und einer Erkrankung vorliegt, weder bei Tieren noch bei Menschen.

Welche Morphologie weist das Xenotropic Murine Leukemia Virus auf?

Das XMRV gehört zu der Familie der Retroviridae und ist ein behülltes Gammaretrovirus mit einem etwa 8,1 kb großem RNA-Genom. Entstanden sein könnte das Virus durch eine homologe Rekombination zwei endogener muriner Gammaretroviren während der Passagierung eines humanen Prostatakarzinoms in immunsupprimierten Labormäusen. Als Pre-XMRV-1 und Pre-XMRV-2 wurden diese parentalen Viren benannt. <h3

Das XMRV zählt zum Genus der Gammaretrovieren, somit gehören sie der Familie der Retroviren an. Das Virus besteht aus einem doppelsträngigem RNA-Genom und reproduziert sich selbst durch eine Kopie der DNA. Der Name wird von der nahen Verwandtschaft zum Murinen Leukämievirus abgeleitet. Die geschätzte Länge des Genoms beträgt etwa 8100 Nukleotiden und ist zu knapp 95 % identisch mit einigen Mausviren. Viele der XMRV-Gensequenzen sind fast identisch mit der Replizierung von Retroviren. Dies ist recht ungewöhnlich, denn normalerweise führt dies zu einer hohen Mutationsrate, wie beim HI-Virus.

Wie wird das Xenotropic Murine Leukemia Virus übertragen?

Das XMRV weist eine hohe Ähnlichkeit und eine nahe Verwandtschaft mit vielen bekannten xenotropischen Mäuseviren auf. Zellen von Nicht-Nagern werden vom Virus erkannt und mittels Rezeptor XPR1 (xenotropic and polytropic murine leukemia virus receptor) infiziert. Wissenschaftler und Medizinier spekulieren, das Virus sei auch sexuell übertragbar, doch eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde noch nicht untersucht, daher ist nicht abschließend belegt, dass dieser Übertragungsweg überhaupt in Frage kommt. Zellfreie als auch zelluläre Übertragungen konnten in vitro beobachtet werden. Des Weiteren ist auch bekannt, dass das XMRV nicht über die Luft oder über Körperflüssigkeiten übertragen werden kann. In ausführlichen Tests konnte belegt werden, dass infizierte aktivierte T- und B-Zellen andere Ziellinien im Labor infizierten. Doch auch zellfreies Plasma konnte andere Zellen mit XMVR infizieren. Selbst das Blut von einem Infizierten, welches schon über 25 Jahre eingefroren ist, war noch hochinfektiös. Alle Übertragungswege sind jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausreichend untersucht und erforscht worden, um diese eindeutig belegen zu können.

Kann das Xenotropic Murine Leukemia Virus Erkrankungen verursachen?

Ob das XMRV Erkrankungen verursachen kann oder nicht, scheint eine endlose Diskussion zu sein. Zusammenhänge zwischen Prostatakrebs bei Betroffenen mit einer RNase-Mutation oder dem chronischen Erschöpfungssyndrom und XMRV-positive Proben wurden aufgestellt. Jedoch konnte nachgewiesen werden, dass bei diesen Ergebnissen Laborkontaminationen ursächlich waren. Von zwei Studien wurde das Xenotropic Murine Leukemia Virus mit Prostatakrebs in Verbindung gebracht, während andere Studien keinen Zusammenhang belegen konnten. Doch auch der Zusammenhang zwischen XMRV und dem chronischen Erschöpfungssyndrom wurde durch vielzählige Studien widerlegt.

Dadurch, dass das Magazin Science eine Verbindung von XMRV und dem chronischen Erschöpfungssyndrom veröffentlichte, sahen sich die Neuseeländische Blutbanken, das Kanadische Gesundheitsamt und das Australische Rote Kreuz temporär dazu veranlasst, ein Verbot für Blutspenden von Patienten mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom zu verhängen. Im Juni 2010 wurde auch von der amerikanischen AABB empfohlen, keinerlei Blutspenden mehr von solchen Patienten anzunehmen.

Zum Nachweis von Retroviren müssen ausschließlich sehr empfindliche Methoden eingesetzt werden. Daher wurden anhand von Ergebnissen von PCR oder nested PCR-Tests der Verdacht geäußert, dass aufgrund von Laborkontaminationen die positiven Nachweise entstanden sein können. Unterschiedliche Arbeiten unterstützen diese These, denn die Kontamination von kommerziellen Kits mit Maus-DNA ist ähnlich und weisen zu einem großen Teil auch dieselbe DNA-Sequenz auf. Im September 2011 wurde die ursprüngliche Studie, welche nachweisen sollte, dass ein Zusammenhang zwischen dem chronischen Erschöpfungssyndrom und XMRV besteht, zurückgezogen. Dann im Dezember 2011 wurde schließlich die komplette Veröffentlichung der Studie vom Magazine Science widerrufen.

Wie wird das Xenotropic Murine Leukemia Virus diagnostiziert?

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keine einfachen Tests, um eine Infektion mit dem XNRV zu diagnostizieren. Es ist essenziell, dass verschiedene Tests durchgeführt werden, damit der XMRV-Status ermittelt werden kann:

  • Mittels PCR durchgeführter DNA-Test,
  • Ansteckungsfähigkeit des Virus,
  • Nachweis das Virusproteine vorhanden sind,
  • Antikörper auf der Virushülle des Xenotropic Murine Leukemia Virus.

Wie könnte das Xenotropic Murine Leukemia Virus behandelt werden?

Im Jahr 2010 wurde in der Public Liberary of Science eine Studie veröffentlicht, welche zum Ergebnis kam, dass vier Medikamente gegen AIDS auch die XMRV-Replikation unterdrücken könnte. Dabei handelt es sich um die zwei retrovirale Integraseinhibitoren Ratlegravir und L-000870812 und zwei nuleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren Zidovudin und Tenofovir. Auch bei einer gemeinsamen Anwendung der Medikamente konnte ein synergetischer Effekt beobachtet werden. Um weitere wirksame Medikamente gegen eine Infektion mit dem Xenotropic Murine Leukemia Virus finden zu können, sind weitere Forschungen, Arbeiten und Studien notwendig.