Mit Binauralen Schwebungen Angstzustände und Depressionen mildern und heilen

Akustische Signale, wie Töne oder Laute, breiten sich vor allem in der Luft über Wellen aus, die sogenannten Schallwellen. Diese Schallwellen können in Kurven dargestellt werden, welche wie eine Wellenbewegung auf-, bzw. abschwingt. Während tiefe und laute Töne von großen Wellenlängen abstammen, erzeugen höhere und leisere Töne kleine Wellenlängen. Forscher haben herausgefunden, dass viele Meditationsübungen durch binaurale Schwebungen, also Frequenzen, die vom Stammhirn erzeugt werden, ihre optimale Wirkung entfalten können. Doch auch bei Heilungsprozessen werden binaurale Schwebungen immer öfter eingesetzt. Wobei es sich bei binauralen Schwebungen genau handelt und inwieweit sie erforscht und in der medizinischen Praxis anerkannt sind, erfahren Sie in dem folgenden Artikel.

Was sind binaurale Schwebungen?

Der Begriff "binaural" stammt vom lateinischen Wort: "auriculus", was auf Deutsch zu viel wie "Ohr" heißt, ab. Unter binauralen Schwebungen wird daher die getrennte Anregung beider Ohren gefasst, was durch die Vorsilbe "bi" zum Ausdruck kommt. Binaurale Schwebungen können beispielsweise über einen Stereokopfhörer mit zwei unterschiedlichen Frequenzen, einer Frequenz V1 und einer weiteren Frequenz V2 erzeugt werden. Der Effekt der binauralen Schwebung entsteht dabei durch Interferenz auf neuronaler Ebene. Denn auf physikalischer Ebene überlagern sich die Signale nicht. Dadurch kann beim Hören eine Phasendifferenz der Anregung auf beiden Ohren wahrgenommen werden. Dieser Effekt ist zum Beispiel für das Richtungshören, d.h. die akustische Lokalisierung wichtig.

Binaurale Schwebungen stimulieren also rein auditiv die menschliche Gehirnaktivität, genauer gesagt die Aktivität des Stammhirns. Wird die Erzeugung von binauralen Schwingungen zu therapeutischen Zwecke angewandt, spricht man meist von einer neueren Form der Schallwellentherapie, die sich heilsam und besonders fördernd auf das allgemeine Wohlbefinden auswirken soll.

Wie wurden binaurale Schwebungen entdeckt?

Der deutsche Physiker Heinrich Wilhelm Dove fand 1839 heraus, dass vom Menschen akustische Schläge wahrgenommen werden, sofern diese aus zwei unterschiedlichen Tönen bestehen. Ein Ton ist dabei an das rechte Ohr gerichtet und der andere Ton wird vom linken Ohr gehört. Doves Entdeckung wurde "binaurale Schwebung" genannt und wurde später vom Biophysiker Gerald Oster weiter erforscht wurde. Oster konnte 1973 belegen, dass das Stammhirn, im sogenannten "Nucleus olivaris superior", die ausgleichende, d.h. die mittlere Frequenz der beiden Töne, erzeugt. Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei den binauralen Schwebungen daher um "eingebildete" Töne, die vom Stammhirn als Mittelwert erzeugt werden. Man kann auch sagen, dass binaurale Schwebungen eine "auditive Illusion" ist, welche vom Gehirn erzeugt werden.

Wie entstehen binaurale Schwebungen?

Binaurale Schwebungen können durch unterschiedliche Frequenzen auf dem rechten und linken Ohr kreiert werden. Dazu werden mittels Kopfhörer den Ohren die beiden unterschiedlichen Frequenzen zugespielt. Das können zum Beispiel auf dem rechten Ohr 400 Hertz und auf dem linken Ohr 410 Hertz sein. Der Zuhörer vernimmt dabei eine Frequenz von etwa 405 Hertz. Im Stammhirn wird hingegen ein mittlerer Ton geschaffen, der die Differenz (in diesem Falle von etwa 10 Hertz) schafft. Der Hörer nimmt diese mittlere Frequenz oder den "Phantom-Ton" meist gar nicht oder aber als Brummton wahr. Der optimale Differenzwert sollte mindestens 2 Hertz und maximal 35 Hertz betragen. Der Differenzwert ist immer ausschlaggebend dafür, ob im Gehirn Delta-, Beta-, Theta-, Alpha- oder Gammawellen ausgelöst werden und sollte je nach körperlicher Beschwerde genau ausgesucht werden.

Wie unterscheiden sich die jeweiligen Frequenzbereiche im Gehirn voneinander?

Neurologen unterscheiden zwischen fünf Frequenzbereichen der elektrischen Gehirnwellen. Diese geben Aufschluss über verschiedene mentale Zustände und grenzen sich wie folgt voneinander ab:

  • Delta-Frequenzbereich: liegt zwischen 0.1 und 4 Hertz und ist in der traumlosen Phase des Tiefschlafs aktiv. Studien konnten nachweisen, dass Personen, die während des Schlafs eine Delta-Frequenz erhielten, laut dem Elektroenzephalogramm (EEG)-Gehirnscan in eine tiefere Schlafphase eintreten konnten.
  • Theta-Frequenzbereich: liegt zwischen 4 und 8 Hertz und ist in der REM-Phase, im Traum und bei Schläfrigkeit aktiv. Theta-Frequenzen können demnach zu einer verbesserten Meditation und mehr Kreativität beitragen.
  • Alpha-Frequenzbereich: liegt zwischen 8 und 13 Hertz und wird bei geschlossenen Augen aktiviert, d.h. in einem gelösten, entspannten Zustand, in Phasen der Imagination und der Erinnerung. Alpha-Frequenzen können somit zur Entspannungsförderung beitragen.
  • Beta-Frequenzbereich: liegt zwischen 13 und 30 Hertz und wird im Wachbewusstsein, im Wahrnehmungsprozess, bei alltäglichen Dingen, dem Denken und der Logik aktiviert. Beta-Frequenzen können die Konzentrationsfähigkeit und die Wachsamkeit fördern, jedoch auch die Angst am oberen Ende des Bereichs erhöhen.
  • Gamma-Frequenzbereich: liegt über 30 Hertz und wird bei der Meditation, der Fokussierung auf einen Sachverhalt, beim Konzentrieren und beim Lernen aktiviert. Gamma-Freqenzen fördern die Aufrechterhaltung der Erregung, während sich eine Person im Wachzustand befindet.

Anwendungsbereich von binauralen Schwebungen

Binaurale Schwebungen können in verschiedenen Lebenslagen das Wohlbefinden steigern. Innerhalb der Prävention werden binaurale Schwingungen oftmals zur Tiefenentspannung und Stressreduktion eingesetzt. Dabei können die binauralen Schwebungen im Rahmen einer Klangreise oder einer Entspannungsmediation zum Einsatz kommen. Im Rahmen einer Selbsthilfebehandlung sind aber auch Audioaufnahmen von binauralen Schwebungen erhältlich, welcher der Patient über Stereokopfhörer anhören kann. Während einige Hörer die binauralen Schwebungen gar nicht wahrnehmen, berichten andere Hörer über einen unangenehmen Brummton. Letzterer kann umgangen werden, wenn die binauralen Schwingungen beispielsweise in entspannte Klänge eingebettet oder von einem professionellen Sprecher begleitet werden. Im Sprechtext kann beim Zuhörer zudem starke Bilder und eine positive Suggestion vermittelt werden. Generell empfehlen Befürworter der binauralen Schwebungen den Einsatz dieser Therapie bei den folgenden Beschwerden:

  • zum Stressabbau und zur Angstreduktion,
  • zur Erhöhung der allgemeinen Konzentration und Motivation,
  • zur Stärkung des Langzeitgedächtnisses,
  • zur tieferen Meditation,
  • zur verbesserten psychomotorischen Leistungsfähigkeit.

Wie wirken binaurale Schwebungen?

Der Wissenschaftler Hans Berger konnte durch seine Entwicklung der Elektronencephalografie (EEG) nachweisen, dass alle psychischen und physischen Zustände, ob es nun Angst, Stress, Müdigkeit oder Entspanntheit sind, sich in der menschlichen Gehirnaktivität äußern. Gemeinhin liegt die elektrische Gehirnaktivität zwischen 0,1 und 30 Hertz, weswegen sich auch die binauralen Schwebungen als Stimulus-Frequenz in diesem Bereich bewegen müssen. Durch binaurale Schwebungen lassen sich mentale Zustände mittels der Gehirnwellenmodulation optimieren und anregen. Befürworter von binauralen Schwebungen gehen sogar davon aus, dass sich mit ihnen Angstzustände und Depressionen behandeln lassen.

Eine Studie, die 2017 im Springer-Verlag erschienen ist, konnte nachweisen, dass sich binaurale Schwingungen förderlich auf das Langzeitgedächtnis auswirken können. Im Rahmen der Studie wurden 32 Teilnehmer mit verschiedenen Frequenzen über Kopfhörer beschallt, um auf diese Weise im Stammhirn des jeweiligen Teilnehmers eine binaurale Schwebung auszulösen. Während 16 Teilnehmer Beta-Frequenzen bildeten, entwickelten die anderen 16 Teilnehmer Theta-Frequenzen. Die Gruppe mit den Beta-Frequenzen zeigte anschließend eine deutlich verbesserte Erinnerungsfähigkeit an zuvor gesagte Worte auf. Die Studie lässt daher darauf schließen, dass binaurale Schwingungen ohne Training die Gedächtnisleistung steigern kann. Die Erzeugung von Theta-Wellen wurde hingegen schon zur erfolgreichen Behandlung von Suchtkranken eingesetzt. Theta-Wellen wirken besonders entspannend und führen zu einem meditativen Zustand.

Weitere Meta-Analysen kamen zu dem Schluss, dass die Auslösung von binauralen Schwebungen im Stammhirn auch bei der Schmerztherapie sinnvoll eingesetzt werden kann und außerdem erstaunlich positive Ergebnisse hinsichtlich der Milderung von Angstzuständen hat. Allerdings sind hierbei, im Gegensatz zur Förderung der Gedächtnisleistung, die Dauer sowie die Regelmäßigkeit und die Auswahl der jeweiligen Frequenz ausschlaggebend.

Präventiver Einsatz von binauralen Schwebungen bei Depressionen und anderen Leiden

In einer immer schneller werdenden Welt zählen Depressionen oder ein Burn-out fast schon zu den Zivilisationskrankheiten, welche infolge von einer zu großen Stressbelastung entstehen können. Binaurale Schwebungen können diesen Krankheiten präventiv vorbeugen, indem sie den Körper wieder entspannen sowie für die nötige Motivation und ein ausgeglichenes Wohlbefinden sorgen. Zehn Minuten täglich reichen da schon aus, um das Gehirn auf bessere Frequenzen einzuschwingen. Auch wenn binaurale Schwebungen von Befürwortern der Therapie zur Behandlung von Stress und Angstzuständen empfohlen wird, zählt die Schallwellentherapie durch binaurale Schwebung zu keinem Teil der medizinischen Standardbehandlung, weswegen sie von der Mehrheit der Ärzteschaft als experimentell angesehen wird.

Wie werden binaurale Schwebungen angewandt?

Binaurale Schwebungen können auch als Selbsttherapie zu Hause angewandt werden. Hierzu benötigt man Stereokopfhörer sowie einen MP3-Player oder ein anderes Gerät, auf dem Musik abgespielt werden kann. Da Mediziner gemeinhin keine Behandlungsempfehlung für Binaurale Schwebungen aussprechen, sollte man die Anwendungsvorschläge auf der Musik-CD beachten. Sollte man auch nach regelmäßiger und genauer Anwendung der Schallwellen-Therapie keine mentale Veränderung feststellen, so könnte das Ausprobieren eines anderen Tons oder einer anderen Frequenz ratsam sein. Die Behandlung mit Binauralen Schwebungen sollte immer im Zustand der vollen Wachsamkeit und Aufmerksamkeit ausgeführt werden. Es ist davon abzuraten, die Therapie zum Beispiel beim Autofahren durchzuführen.

Vor der Durchführung der Schallwellentherapie zu Hause, sollte mit dem Hausarzt abgesprochen werden, ob sich die Behandlung mit Binauralen Schwebungen überhaupt für das spezifische Leiden eignen. Obwohl nur wenige Ärzte die Wirksamkeit von Binauralen Schwingungen, zum Beispiel zur Therapie von Angstzuständen empfehlen, kann die Behandlung dennoch ohne großen Vorkenntnisse zu Hause eingesetzt werden. Allerdings sollten Patienten auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass es bislang keine Studien über die langfristigen Nebenwirkungen der Therapie gibt.